Viele Anlegerinnen und Anleger stützen sich bei Bankaktien vor allem auf die Zinsentwicklung ab. Sie ist zwar nicht zu unterschätzen, aber gleichwohl nicht alles entscheidend für den Kauf eines Titels. Ebenso wichtig sind weitere Aspekte.

Das Kurstableau der Schweizer Börse bot am (gestrigen) Donnerstag ein denkwürdiges Bild: In einem insgesamt rückläufigen Markt waren es ausgerechnet fünf Finanztitel, die sich auf der positiven Seite halten konnten: UBS, Julius Bär, Swiss Re, Credit Suisse und Vontobel. Das gab es schon lange nicht mehr.

Den Hauptgrund für diese kuriose Momentaufnahme hatten die Sitzungsprotokolle der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) vom Vorabend geliefert. Wie aus diesen hervorging, hatten sich einige Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses dafür ausgesprochen, schon kurz nach der ersten Zinserhöhung mit der Verringerung der Bilanzsumme der Fed zu beginnen. Genau das schickte die Kurse weltweit auf Talfahrt – mit Ausnahme der Finanztitel, die von steigenden Zinsen profitieren, da die Banken und Versicherungen unter solchen Bedingungen ihre Erträge im Zinsengeschäft und auch im Handel steigern können.

Kulturell noch einiges im Argen

Mittelfristig gilt diese positive Entwicklung allerdings nicht durchwegs für alle Finanzhäuser – zu unterschiedlich sind deren Geschäftsmodelle und vor allem deren Umsetzung, wie es das Beispiel der beiden Schweizer Grossbanken gut zeigt.

Während die Credit Suisse (CS) trotz einem mittlerweile durchaus valablen Geschäftsmodell dahinseucht, weil kulturell noch einiges im Argen liegt, zeigt sich die UBS seit geraumer Zeit in einer beneidenswerten Verfassung. Das führte denn auch dazu, dass verschiedene Finanzanalysten, etwa von J.P. Morgan oder Jefferies, die UBS-Titel mit Kurszielen um die 22 Franken zum Kauf empfehlen – am Donnerstag notierte die Aktie 17.34 Franken.

Tipps von Oswald Grübel

Natürlich liesse sich auch in die CS-Titel investieren, wie das diese Woche der frühere CS- und spätere UBS-Chef Oswald Grübel in einem Interview mit der deutschen «Börsen-Zeitung» (Artikel hinter Paywall) empfahl; dies vor dem Hintergrund, dass diese Valoren ein (noch) grösseres Aufholpotenzial haben. Wörtlich sagte er: «Wenn keine weiteren Verluste hinzukommen und der Turnaround erste Früchte zeigt, dann ist die Aktie ein Kauf.»

Allerdings greift diese Erklärung etwas zu kurz, da man unter diesen Prämissen genauso in die gebeutelten Titel des Schweizer Vermögensverwalters GAM investieren könnte. Aber auch das wäre riskant.

Mit Blick auf ein vorerst noch mit vielen Unsicherheiten belastetes Anlegerjahr 2022 dürfte es sich eher lohnen, auf bewährte und nachweislich substanzstarke Bankaktien zu setzen, insbesondere in der Schweiz, wo vieles darauf hindeutet, dass sich in den kommenden Monaten die Spreu vom Weizen trennen dürfte.

Gefragt sind jetzt noch stärker Expertise und aktives Investmentmanagement. Beides wiederum wird darauf beruhen, die erfolgreich das Management einer Bank ist, ob sie in ihren Tätigkeitsbereichen eine Marktführerschaft besitzt, wie weit sie bereits digital unterwegs ist und last but not least, welches Vertrauen sie insgesamt geniesst.

Kursraketen im Ausland

Vor diesem Hintergrund sind die Aktien einer UBS, der Privatbank EFG International, von Julius Bär, der Graubündner oder der Luzerner Kantonalbank sowie spezialisierter Unternehmen wie die Partners Group (Privatmarktanlagen), Swissquote (Online-Banking) oder Leonteq (Strukturierte Produkte) bedenkenswert. Manche dieser Titel verzeichneten im vergangenen Jahr zwar bereits starke Kursavancen, doch ihre Erfolgsaussichten sind gemäss den zuvor erwähnten Kriterien nach wie vor intakt, und sie dürften sich in einem volatilen Umfeld eher stabiler entwickeln.

Dass gewisse Bankaktien ungeachtet des Umfelds sehr stark notieren können, zeigt ein Blick ins Ausland, wo allen voran die amerikanischen Finanzkonzerne 2021 sagenhafte Avancen verzeichneten; aber auch Turnaround-Fälle, wie die italienische Unicredit (Plus 75 Prozent im vergangenen Jahr) oder die französische Société Générale (Plus 70 Prozent) beweisen, dass mit Finanztiteln durchaus Geld zu verdienen ist. Viele Anlegerinnen und Anleger stützen sich denn auch stark auf die Zinsentwicklung ab, die zwar nicht zu unterschätzen ist, aber gleichwohl nicht alles entscheidend ist für den Kauf eines Titels. Ebenso wichtig sind weitere Aspekte.

Entscheidende Faktoren

Dazu gehört allein schon die Tatsache, dass während oder durch die Pandemie weltweit enorme Vermögen entstanden sind, für welche deren Besitzer bisweilen fast schon verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten suchen, was wiederum die Tätigkeit der Finanzhäuser stimuliert.

Die ganze Entwicklung der Kryptowährungen ist in mehrfacher Hinsicht ein solches Beispiel dafür. Vieles in diesem Bereich ist ungewiss, opak und bisweilen kaum nachvollziehbar. Doch genau deswegen müssen sich auch die Banken damit befassen; wer dies umsichtiger tut, hat einen Wettbewerbsvorteil.

Massiver Nachholbedarf

Das Gleiche gilt auch im Bereich nder Nachhaltigen Anlagen, über die man als Investor geteilter Meinung sein kann; doch allein die staatlichen Regularien werden dazu führen, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen auf lange Sicht besser fahren werden als Firmen, die diesen Trend ignorieren.

Bereits im vergangenen Jahr gingen viele Anlegerinnen und Anleger davon aus, dass es mit den weltweiten Impffortschritten zu einem globalen Wirtschaftsboom respektive zu einem massiven Nachholbedarf kommen würde; die jüngsten Varianten des Covid-Virus’ haben diese Hoffnungen getrübt. Dennoch dürfte es nicht schaden, sich frühzeitig für eine solche Haussephase zu positionieren, denn früher oder später wird sie kommen und das Geschäft erfolgreicher Banken begünstigen.

Konsolidierung im Kommen

Zwei weitere Faktoren, welche manche Investorinnen und Investoren oftmals vernachlässigen, sind bei der Beurteilung von Finanztiteln relevant: Zum einen wird die – vor allem in Europa aus politischen Gründen – lange Zeit hinausgeschobene Konsolidierung im Bankensektor eher früher als später kommen; und gleichzeitig dürfte die Verlagerung von Finanzplatz-Kapazitäten aufgrund der Digitalisierung und politischer Entwicklungen (Brexit) erfolgreiche Banken bevorteilen.

Beides wird sich in deren Aktienkursen niederschlagen. Insofern besteht ein weites Feld an Indikatoren, welche Titel in den nächsten 18 Monaten das Herz der Anlegerinnen und Anleger höherschlagen lassen könnten.

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