Die Schweiz will sich als internationales Asset-Management-Zentrum profilieren. Doch schon jetzt habe London die besseren Karten, behauptet Urs Ramseier von der Schweizer Investmentgesellschaft Twelve Capital.

Von Urs Ramseier, Mitgründer und Chairman von Twelve Capital

London hat den grossen Vorteil, ein Zentrum für unterschiedlichste Finanzdienstleistungen zu sein und gleichzeitig den vollen Zugang zum EU-Markt zu geniessen. Vor diesem Hintergrund stehen andere Finanzplätze unter einem enormen Wettbewerbsdruck. Das gilt insbesondere für die Schweiz.

Das Beispiel «Twelve Capital» verdeutlicht die Entwicklung des Finanzplatzes Schweiz – und zwar nicht nur im hochkompetitiven institutionellen Geschäft, sondern nach dem Wegfall des Bankgeheimnisses auch im Private Banking. Die Folge: Schweizer Institute siedeln Funktionen mit hoher Wertschöpfung zunehmend in den Finanzzentren London oder New York an.

Was bleibt noch in der Schweiz?

Supportfunktionen wiederum werden in Länder mit tiefen Lohn- und Lebenskosten ausgelagert. In der Schweiz bleibt am Ende bloss noch die Betreuung der Kunden vor Ort.

Der Schweizer Asset Manager Twelve Capital ist seit letztem Oktober mit einer eigenständigen, von der englischen Aufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) regulierten Gesellschaft in London präsent. Die Schwesterfirma in der Schweiz wird weiterhin von der Finma reguliert.

Euro-Pass für den EU-Vertrieb

Bei jeder Neubesetzung einer Stelle muss sich das Management von Twelve Capital nun genau überlegen, ob die Stelle in London oder in Zürich besetzt werden soll. Dabei stehen zuerst regulatorische Aspekte im Vordergrund. Die britische Gesellschaft erhielt mit der FCA-Lizenz auch den Euro-Pass für den Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen in der EU.

Somit kann Twelve Capital von London aus alle Produkte problemlos aktiv in allen EU-Ländern vertreiben. Eine solche Distribution aus der Schweiz heraus in die EU-Länder wäre, wenn überhaupt, nur mit grossem Compliance-Aufwand möglich. Für jedes einzelne EU-Land müssten teure Abklärungen getroffen und entsprechende Bewilligungen eingeholt werden.

Daher hat sich Twelve Capital entschieden, den Vertrieb für alle EU-Länder in London aufzubauen. In Zürich verbleibt einzig der Vertrieb für die Schweiz.

Bessere Kandidaten in London

Im institutionellen Asset Management spielen die Beratungsfirmen für Pensionskassen zunehmend eine Schlüsselrolle. Hier dominieren einige wenige globale Player den Markt. Die meisten Analysten, welche die europäischen Asset Manager bewerten, arbeiten in London. Der regelmässige Kontakt zu diesen Entscheidungsträgern respektive zu diesen Beeinflussern von Schlüsselfiguren in der Finanzindustrie ist von höchster Bedeutung.

Funktionen im Bereich des Investment Managements sind grundsätzlich sowohl in Zürich als auch in London möglich. Bei der Suche nach geeigneten Spezialisten zeigt sich aber, dass die grosse Mehrheit der Kandidaten in London lebt und arbeitet, weil das Reservoir dort um ein Vielfaches grösser ist.

Regulatorische Arbitrage vermeiden

Da Twelve Capital Arbeitsstellen mit den besten Kandidaten besetzen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben, führt dies unweigerlich dazu, dass in den meisten Fällen jemand in London engagiert wird – weil einfach mehr Kandidaten zur Auswahl stehen. Bei neuen Mitarbeitern, von ausserhalb der EU, ist es zudem signifikant einfacher, eine Arbeitsbewilligung zu bekommen, als in der Schweiz.

Im Bereich Compliance verfolgt Twelve Capital die Politik, dass die jeweils höchsten regulatorischen Anforderungen in der gesamten Firma zur Anwendung kommen. Damit soll «regulatorische Arbitrage» innerhalb der Firma vermieden werden.

Britische Aufsicht hat die Nase vorn

Dabei zeigt sich, dass die englische Aufsicht umfassendere interne Richtlinien und insbesondere Kontrollen verlangt als die Finma. Dies bedeutet, dass die Anforderungen der FCA und nicht der Finma in den allermeisten Fällen die Tätigkeit im Investment Management prägen. Dies hat zur Folge, dass die Compliance-Funktionen mit Leuten besetzt sein müssen, die mit den angelsächsischen Regulatorien und deren Aufsicht vertraut sind.

Die Kosten in London sind vergleichbar mit denjenigen in der Schweiz. Die Löhne sind für Spezialisten eher höher in London als in der Schweiz, hingegen tiefer für weniger qualifizierte Arbeitskräfte. Bürokosten sind in London sehr hoch. Die Unternehmenssteuern bewegen sich etwa auf demselben Niveau.

Ein weiterer Standort in Osteuropa?

Seit der Freigabe des Euro-Wechselkurses durch die Schweizerische Nationalbank im vergangenen Januar hat sich der Kostendruck auch für Twelve Capital massiv verstärkt. Die Erträge sind zu einem grossen Teil in Euro oder Dollar, während die Kosten in Franken oder Pfund anfallen.

Twelve Capital prüft daher nun, anderen Firmen der Branche zu folgen, und ebenfalls einen Standort in einem osteuropäischen EU-Land aufzubauen. Damit könnten nicht nur die Produktionskosten signifikant gesenkt werden, gleichzeitig würde auch das Währungsrisiko diversifiziert.

Lesen Sie zum Thema auch:


Urs Ramseier ist Mitgründer, Chairman und Chief Investment Officer (CIO) der im Juli 2010 lancierten Firma Twelve Capital in Zürich. Seine Karriere in der Finanzbranche begann er 1995 bei der Credit Suisse. Ein Abstecher führt ihn zu Lombard Odier, bevor er zur CS zurückkehrte. Im Jahr 2007 wechselte er zu Horizon21, wo er bis 2010 für Versicherungsverbriefungen (Insurance-Linked-Securities, ILS) verantwortlich war. Ramseier hat in Paris und Bern studiert und in der Bundeshauptstadt promoviert. Twelve Capital ist ein unabhängiger und partnerschaftlich geführter Asset Manager, der auf ILS-Produkte sowie auf andere, komplexe Versicherungs-Anlagen spezialisiert ist. Er beschäftigt aktuell 40 Personen und verwaltet rund 3 Milliarden Dollar an Kundengeldern.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.63%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.23%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.51%
pixel