Für die Banken sind Family Offices zwar sehr begehrte Kunden, doch gleichzeitig auch die schwierigsten, weil sie so hartnäckig sind. Mit ihrem Verhalten setzen sie jedoch die Trends von morgen in der Finanz- und Anlagewelt. Will das Swiss Banking auch in Zukunft einen Mehrwert bieten, muss es sich ein Beispiel an den besten Family Offices nehmen, die es hierzulande in Hülle und Fülle gibt.

Family Offices spielen in der Champions League der Finanzwelt. Denn für die reichsten Menschen, die sich sogar ein eigenes Unternehmen für ihre Vermögensverwaltung leisten können, ist nur das Beste gut genug. Wenn klassisches Banking einen Mehrwert bieten soll, dann ist er zweifelsohne in der Tätigkeit der Family Offices verortet.

Darum schaffen es zumeist auch nur die allerbesten Finanzfachleute, einen Job bei einem Family Office zu ergattern. Sie setzen sich dabei aber gleichzeitig einem hohen Erwartungsdruck seitens der Familien aus, die hinter einem Familienunternehmen stehen.

Harte Verhandler

Umso härter verhandeln die Vertreterinnen und Vertreter der Family Offices mit den Banken als «Service-Lieferanten». Gleichzeitig setzen diese verschwiegenen Institutionen auch die nächsten Trends in der Vermögensverwaltung. Zum Beispiel zählten die Family Offices zu den ersten, die in Privatmarkt-Anlagen investiert haben; mittlerweile ist diese Asset Class fast schon «mainstream».

Als Bankenland und als international sehr wichtiger Finanzplatz geniesst die Schweiz das Privileg, eine der weltweit führenden Adressen für Family Offices zu sein. Hierzulande existieren je nach Schätzungen zwischen 300 und 400 solcher Unternehmen; spricht man von grösseren Family Offices, dann dürften es wohl an die 150 sein. Das ist in Europa vermutlich die grösste Dichte. Umso mehr interessiert es die Finanzbranche, wie sich diese Institutionen im zyklischen Auf-und-Ab der Märkte verhalten. Allerdings ist es nicht einfach, dies in Erfahrung zu bringen, da die meisten Family Offices höchst diskret agieren.

Grosse Veränderungen

Licht in diese öffentlichkeitsscheue Branche bringt der «Global Family Office Report 2024» der amerikanischen J.P. Morgan Private Bank. Dafür hat das Finanzinstitut weltweit 190 Family Offices mit einem durchschnittlichen Nettovermögen von 1,4 Milliarden Dollar befragt. Die daraus resultierenden Erkenntnisse sind interessant, um die grossen Veränderungen in der Finanz- und Anlagewelt abzuschätzen.

Wie eingangs erwähnt, fokussieren die meisten Family Offices in ihrer Anlagestrategie auf alternative Anlagen, die nicht oder nur sehr begrenzt mit der Börse korrelieren. Ihre Portfolios bestehen zu 46 Prozent aus solchen Investments (Private Equity, Immobilien, Venture Capital, private Kredite und Hedgefonds), wie aus dem Report hervorgeht. Und sie streben damit eine Rendite von 11 Prozent an.

Historisch sehr viel Cash

Interessant ist auch, dass die Family Offices heute knapp 10 Prozent ihrer Vermögen in Cash halten, was im Vergleich zu früheren Umfragen ein historisches Hoch darstellt. Hier dürften die Turbulenzen und Veränderungen (Covid, Volatilität, Zinswende) einen Einfluss gehabt haben. Es fragt sich nun, wohin dieses Geld fliessen wird, sobald die Lust am Anlegen wieder grösser wird.

Offenbar gibt es eine Sorge, die sehr viele Family Offices umtreibt: Neben Nachfolge- und Governance-Fragen ist es vor allem die Angst vor Cyber-Betrug respektive die Sicherheit davor. Gerade vor dem Hintergrund, dass manche Familienunternehmen in Sachen Digitalisierung und Software möglicherweise nicht ganz auf dem neusten Stand sind, weil dies ja auch eine Kostenfrage ist, wächst nun das Bewusstsein – oder die Besorgnis –, dass sich dies rächen könnte. Zu diesem Schluss kam unlängst auch eine Studie der Beratungsfirma PwC, die vielen Family Offices «digitalen Nachholbedarf» attestierte.

Standort Schweiz in Gefahr

Vor diesem Hintergrund sind Family Offices mit der Tatsache konfrontiert, dass ihr Geschäftsaufwand rasant wächst. Im Durchschnitt gaben die Befragten an, jährlich mehr als 3 Millionen Dollar für die Betriebskosten auszugeben. Dabei variieren die Betriebskosten je nach Grösse des Family Office sehr. Grosse Institutionen mit Vermögen von einer Milliarde Dollar geben teilweise mehr als 6 Millionen Dollar aus. Mit den erhöhten Anforderungen steigt auch der Personalbedarf. Mittelgrosse Family Offices beschäftigen rund fünf Personen; grössere sieben oder mehr Mitarbeitende.

In der Vergangenheit genoss die Schweiz (vor allem Zürich, Zug, Lugano und Genf) als Standort für Family Offices vor allem dank der tiefen Steuern (in einigen Kantonen) und des Bankgeheimnisses so viel Attraktivität. Mittlerweile buhlt aber eine ganze Reihe von Finanzzentren ebenfalls um diese Klientel, wie Dubai (unter anderem mit Golden Visas) oder Singapur, wie ein kürzlicher Anlass von finews.ch auch illustrierte.

Swiss Banking auf dem Prüfstand

In diesem Wettbewerb der Finanzplätze zeigt sich am besten, wo und wie das Banking überhaupt noch einen Mehrwert leisten kann. Denn im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung und einer noch nie dagewesenen Mobilität hängt die Standortfrage von immer mehr Faktoren ab. Hier steht die Schweiz mittlerweile in einer Bringschuld was den Mehrwert des vielgepriesenen Swiss Banking anbelangt.