«Marktwirtschaften brauchen harte Beschränkungen», sagt Hans-Werner Sinn. Der einflussreiche Ökonomen sprach am Dienstagabend auf Einladung des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern. 

Er zieht noch immer die Massen an: Hans-Werner Sinn. Das zeigte sich einmal mehr am Dienstagabend bei seinem Auftritt an der Universität Luzern. Der ehemalige Präsident des ifo Institut in Deutschland sprach im Rahmen einer Veranstaltung des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) über die Staatsschuldenwirtschaft. Der Hörsaal war bis auf den letzten Platz besetzt. Unter den Zuhörern war neben Lokalpolitikern auch alt Bundesrat Christoph Blocher auszumachen. 

«Lehman Brothers war die deutsche Credit Suisse. Im Vergleich zum BIP vielleicht nur ein wenig kleiner», sagte Sinn. Der Konkurs der amerikanischen Investmentbank im September 2008 steht denn auch am Anfang der grössten Finanzkrise in der jüngeren Geschichte und traf Deutschland ganz direkt: im November 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Lehman Brothers Bankhaus AG in Frankfurt am Main, einer Tochterbank des US-Instituts, eröffnet.

Die Finanzkrise löste in vielen Industriestaaten eine tiefe Rezession aus und führte letztlich auch zur Eurokrise. Die Folgen sind laut Hans-Werner Sinn bis heute spürbar. Die wichtigsten Punkte seines Vortrags: 

1. Wie Lehman Brothers zur Staatsschuldenwirtschaft ankurbelte

Um das Finanzsystem und die Banken zu retten, startete das Fed, die amerikanische Zentralbank, im Jahre 2008 ein riesiges Anleihenkaufprogramm (Quantitative Easing). Sechs Jahre später begegnete die Europäische Zentralbank (EZB) der Eurokrise mit einem ähnlichen Programm. «Die EZB ist bereit, im Rahmen ihres Mandats alles zu tun, was nötig ist, um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir: Es wird genug sein», sagte der damalige EZB-Präsident Mario Draghi. «Europa hat damit seinen Meister, die USA, noch übertroffen», so Hans-Werner Sinn. Die Massnahmen markieren laut Sinn den Beginn der Staatsschuldenwirtschaft: «Die Zentralbanken haben die Geldmenge schneller erhöht als das BIP nominal gewachsen ist.»

2. Die Verschuldung geht nur scheinbar zurück

Immer mehr Staaten häuften seit der Lehman Brothers-Krise grosse Schuldenberge an. In Deutschland machte die Schuldenlast im Jahr 2020 gut 60 Prozent des BIP aus. Dies ist viel, aber noch vergleichsweise wenig: In Frankreich belief sie sich auf 115 Prozent des BIP, in Italien auf 155 Prozent und in Griechenland auf 207 Prozent. Seit 2020 ist ein scheinbarer Rückgang feststellbar. Der eigentliche Grund: die Teuerung. «Die Inflation drückt die Schuldenlast», sagte Hans-Werner Sinn. 

3. Weshalb die Inflationsgefahr noch nicht gebannt ist

Die Inflation geht weiter zurück, das Inflationsziel von 2 Prozent rückt näher. Das schürt Erwartungen auf eine baldige Senkung des Leitzinses in der Eurozone. Laut Hans-Werner Sinn ist die Inflationsgefahr allerdings noch nicht gebannt; er verweist auf die gestiegenen Tariflöhne. «Diese müssen erst noch eingepreist werden, was wiederum die Inflation beeinflusst», sagte er. 

4. Was gegen Staatsverschuldung hilft

Hans-Werner Sinn warnt davor, dass Deutschland die Zügel seiner Finanzpolitik weiter lockert. «Wenn Deutschland die gleiche Schuldenpolitik betreibt wie beispielsweise Italien oder Frankreich, dann hat der Euro keine Zukunft mehr», sagte er und machte sich für eine Schuldenbremse stark: «Marktwirtschaften können ohne harte Beschränkung nicht funktionieren.» Zudem seien strukturelle marktwirtschaftliche Reformen im Euroraum wie wohl auch in der Schweiz notwendig, um mehr Wachstum und Vitalität zu erzielen. 

 

 

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